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Humboldts Kosmosvorträge als Probe der ‚Digital Humanities‘ (DH) – Paper zur DHd 2015 (Graz, 23.-27.2.2015) erschienen

Wie Ottmar Ette im letzten Absatz seines Beitrags „Findung und Erfindung einer Leserschaft“ in der aktuellen HiN XV, 29 (2014) schreibt, ist es nun an der Zeit, die Möglichkeiten der ‚Digital Humanities‘ (DH) für Editionsprojekte um das Werk Alexander von Humboldts zu nutzen. Zum Einen soll es also eine intensive Nutzung inzwischen etablierter Praktiken und Werkzeuge aus dem DH-Bereich gehen – selbstverständlich unter Beibehaltung der erreichten editorisch-/philologischen Standards, die im Bereich digitaler Editionen vor allem um Aspekte der standardkonformen strukturellen und semantischen Annotation etwa mit Hilfe der Richtlinien der Text Encoding Initiative (TEI) erweitert werden müssen. Zum Anderen lassen es gerade die komplexen, intra- und intertextuell vielschichtigen Arbeits- und Überlieferungsspuren deutlich werden, dass diejenigen Materialien aus Humboldts Nachlass sowie denen seiner Korrespondenzpartner und auch die weit verzweigte Überlieferung zu seinen sogenannten Kosmosvorträgen (1827/28) (siehe dazu Erdmann/Thomas in HiN XV, 28 (2014)) gleichermaßen die Verfahren der DH auf eine harte Probe stellen werden.

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
Humboldt, Alexander von: Aufzeichnungen und Notizen zu Südamerika (Nachl. Alexander von Humboldt, kl. Kasten 7b, Nr. 47a, Bl. 1-21 und 25-27, hier: Bl. 14r)

Anhand einer zufälligen Auswahl aus der inzwischen schon ansehnlichen Vielfalt bild-digitalisierter Materialien aus der Digitalen Sammlung der Staatsbibliothek zu Berlin sei es illustriert: Von Humboldt gesammelte und kommentierte Zeitungsfragmente, Manuskripte und Notizen, seine weitschweifige Korrespondenz – die Antwortbriefe Humboldt-typisch nach Erhalt mit Kommentaren und Verweisen versehen, und nach ihrer thematischen Zugehörigkeit abgelegt –, Skizzen, Entwürfe und Aufzeichnungen: All dies steht in enger Beziehung zu anderen Dokumenten und anderen Nachlassteilen, zu Humboldts Reisetagebüchern, zu den gedruckten Publikationen Alexander von Humboldts, und all diese Beziehungen wollen aufgedeckt, -gezeichnet und -bewahrt werden! Und sie müssen dem Nutzer der digitalen Angebote auf nachvollziehbare und anschauliche Weise vermittelt werden. Die Herausforderung besteht also schon auf der Ebene der Datengenerierung und -haltung ebenso wie auf der der Datenvisualisierung.

Eines der mehreren derzeit laufenden Projekte, Hidden Kosmos — Reconstructing Alexander von Humboldt’s »Kosmos-Lectures« an der Humboldt-Universität zu Berlin, begreift in dem eben skizzierten Sinne Humboldts Kosmosvorträge als Probe der ‚Digital Humanities‘ (DH). Auf der diesjährigen Jahrestagung des Verbandes Digital Humanities im deutschsprachigen Raum (DHd)Von Daten zu Erkenntnissen: Digitale Geisteswissenschaften als Mittler zwischen Information und Interpretation“, die vom 23. bis zum 27. Februar 2015 an der Universität Graz stattfindet, werden die wesentlichen Ziele des Projekts vorgestellt und die zu deren Erreichung eingesetzten Verfahren und Methoden aus dem DH-Bereich erläutert. Das Projekt Hidden Kosmos wird sämtliche bislang bekannte Hörernachschriften der Kosmosvorträge aus Bibliotheken, Archiven und Privatsammlungen in Deutschland, Polen und der Türkei virtuell zusammenführen. Ca. 3500 Manuskriptseiten werden als standardkonform aufbereitetes, tief annotiertes und vielseitig vernetztes Volltextkorpus unter einer offenen Lizenz zur Verfügung gestellt.

TEI-konforme Manuskript-Annotation (Detail: SBB-PK, Ms. Germ. qu. 2345, S . [11])
TEI-konforme Manuskript-Annotation (Detail: SBB-PK, Ms. Germ. qu. 2345, S . [11])

Ein Schwerpunkt liegt dabei naturgemäß auf der exakten und philologisch zuverlässigen Transkription und Annotation der Manuskripte, die sowohl die Genese des Textes anhand von Überarbeitungsspuren nachvollziehbar machen als auch die Zuverlässigkeit der jeweiligen Quelle durch sorgfältige Kommentierung und ggf. dokumentierte Korrekturen der Vorlage einschätzen helfen. Ausführlich nachzulesen sind diese Aspekte in dem auch auf der Konferenzwebseite veröffentlichten Paper nachzulesen: Christian Thomas (2014): Hidden Kosmos – Humboldts ‚Kosmos-Vorträge‘ als Probe der Digital Humanities.

Bis zur DHd-Jahrestagung Ende Februar wird der Volltext zweier Nachschriften im Deutschen Textarchiv (DTA) der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften erscheinen. Dort sind bereits mehrere Werke Humboldts, so der Kosmos (1845–62) und eine wachsende Zahl seiner unselbstständigen Schriften sowie zahlreiche Werke seiner Zeitgenossen verfügbar. Eine der beiden Nachschriften gibt den Vortragszyklus der Singakademie wieder und stammt von einem anonymen Verfasser, die andere dagegen von einem vergleichsweise prominenten Autor, der den Zyklus in der Berliner Universität verfolgte. Eine gesonderte Ankündigung folgt dann zeitnah an dieser Stelle – und erst dann wird auch der Name des bekannten Verfassers verraten.

Conference Paper von Christian Thomas zu Humboldts Kosmos-Vorträgen als Probe der Digital Humanities

 

Christian Thomas

http://www.bbaw.de/die-akademie/mitarbeiter/thomas

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